*ein Augenblick

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Kambodscha – meine Nummer 1 in Südostasien</a>


Fast vom ersten Augenblick fühle ich mich wohl in Kambodscha! Ich kann nicht genau beschreiben, was es ist – es ist vielmehr ein Gefühl, das mir vermittelt wird, das ich bereit bin aufzunehmen und das ich selber schaffe. Doch fangen wir am Anfang an und schlängeln uns gemächlich durch dieses kleine Land // → Kambodscha ist halb so groß wie Deutschland und hat 16 Millionen Einwohner:innen //:

Meine erste Station ist die Hauptstadt Phnom Penh. Es ist Halloween, das Hostel wird geschmückt. Sofort bin ich mitten im Leben. Noch am ersten Abend gehe ich aus und lerne die Khmer-Clubkultur kennen // → Khmer sind mit 97 Prozent die (!) größte Ethnie in Kambodscha //. It's alright. Am nächsten Tag ins Nationalmuseum, am Tag darauf in die Genozid-Gedenkstätte Tuol-Sleng // → Ein Gefängnis der Roten Khmer unter Pol Pot, die von 1975 bis 1979 das Land totalitär regierte. Sie wollten Kambodscha in den Agrarkommunismus überführen. Ihre Opfer: jede:r mit Geist und Verstand – Intellektuelle, Mönche, Andersdenkende. Dem Regime und ihrer Weltanschauung fallen 2 Millionen Menschen zum Opfer. Tuol-Sleng ist nur ein Ort dieser Grausamkeit. Hierzu empfehlenswert der Film: First they killed my father / Der weite Weg der Hoffnung. Ein Film, den mir Elizabetha aus Litauen, die ich im Hostel kennenlerne, empfiehlt, und der mich zunächst wenig beeindruckt, doch nach einiger Zeit stelle ich fest, dass sich die Bilder unauslöschlich in meinem Gedächtnis verankert haben //. Neben meinen Erfahrungen mit musealer Erinnerungskultur als Deutsche und dem Besuch des Genozid-Museums in Yerevan, Armenien ist dies definitiv einer der schlimmsten Orte, die ich je gesehen habe. Ich bleibe drei Stunden, höre mir jeden Beitrag des (sehr empfehlenswerten) Audio-Guides an – ich bin im besten, weil schrecklichsten, Sinn betroffen, und doch bin ich, zum Glück, nur Zeugin einer Vergangenheit.

Und dann geht es raus aus der Großstadt, nach Kratie am Mekong. Ich freue mich unglaublich, den Mekong wiederzusehen // → In Vietnam habe ich auf dem Mekong bereits eine Bootstour gemacht und einen Floating Market (Schwimmenden Markt) besucht //. Dieses Mal fahre ich Kajak und schwimme im Mekong – im 12-längsten Fluss der Erde, im 7-längsten Asiens und wie unser Guide augenzwinkernd hinzufügt: dem längsten Fluss Kambodschas. Kratie begeistert! Es ist eine noch ganz wenig touristisch erschlossene, kleine Stadt. Mein persönliches Highlight: Am Abend treffen sich die Einwohner:innen am Ufer des Flusses und machen Sport – jeden Abend. Ich treffe dort eine Frau, Moran. Sie erzählt mir von ihrem Leben, ich ihr von meinem. Erst versteht sie nicht so recht, was ich eigentlich tue, bemitleidet mich, dass ich nicht verheiratet bin, um dann später zu sagen: Ahh, I understand, that means freedom. Wir lachen herzlich und einigen uns darauf, dass unsere beiden Lebenskonzepte Vor- und Nachteile haben. Schließlich probieren wir noch einige choreographische Tanzschritte gemeinsam aus. In diesem glücklichen Moment weiß ich, dass man mir diese Erlebnisse niemals wieder nehmen kann.

Auf, auf nach Siem Reap – wo ich mit Chi aus Indien, den ich in Phnom Penh kennengelernt habe, verabredet bin. Siem Reap ist großartig! Wir machen es großartig! Als ich ankomme fühlt sich alles an wie in einer Filmkulisse für einen Western: Staub, kleine Wild-West-Häuser. Aufgrund der Nähe zu Angkor Wat ist es ein sehr touristischer Ort. Was soll's?! Wir besuchen die Tempel in Angkor// → Angkor ist eine Region nahe Siem Reap, die vom 9. bis 15. Jahrhundert das Zentrum des historischen Khmer-Reiches bildete. Auf dem 200 km² großen Gebiet sind über 1000 Tempel situiert. Angkor Wat ist die größte und wichtigste dieser Tempelanlagen, und zudem die größte Tempelanlage der Welt // und sind begeistert. Wirklich jede Aussicht eignet sich für ein Fotomotiv // → Tomb Raider (2001) wurde zu Teilen in Angkor, vor allem im Tempel Ta Prohm, gedreht //. Leider denken das nicht nur wir. Und leider bleibt zu wenig Zeit, um alle Einzelheiten zu erkunden, aber einen großartigen Eindruck werden wir mitnehmen. Doch Siem Reap ist noch viel mehr – Die Nacht ist unser. Wir entdecken wunderbare Tuk-tuk-Cocktail-Bars, die ihren Strom von Generatoren beziehen. Es läuft Musik, wir treffen Menschen aus aller Welt. Zudem: eine Rooftop-Bar, die unser Zuhause wird. Meist sind wir dort allein, genießen den Ausblick, über uns der Sternenhimmel. Am letzten Abend fragt uns unser Kellner, nicht älter als 20 Jahre, etwas schüchtern und unbeholfen – ja, schüchtern und unbeholfen – nach unseren Namen. Das ist so wunderschön, dass uns beiden die Tränen in den Augen stehen. Danke, Sin! Es ist ein leichtes und glückliches Leben, das ich in Siem Reap führe. Und dann heißt es Abschied nehmen: von Chi und von Siem Reap. Das ist übrigens eine Bedingung des Reisens, die ich nie gut können werde. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass ein Auf Wiedersehen ein Wiedersehen mit all diesen großartigen Menschen impliziert. Aber diese Hoffnung trage ich in mir.

Ein Elefant geht in Angkor spazieren

Meine Reise geht weiter. Ich fahre mit dem Boot über den See Tonle Seap und diverse Kanäle nach Battambang. Ein paar Tage später weiter Richtung Süden: auf die Inseln Kambodschas.

Koh Rong. Koh Rong Sanloem. Es ist die perfekte Langeweile. Strandurlaub. Ein Paradies, in dem ich gelandet bin. Am Morgen öffne ich mein Zelt // → Bequem mit Matratze // und erblicke das Meer, welches mich des Nachts mit seinem Rauschen begleitet. Und eines Nachts gehe ich in dieses Meer und sehe den Plankton glitzern im schwarzen Nichts aus Himmel und Erde. Ich stehe da, bewege meine Hand – und kann nur staunen über das, was die Natur erfunden hat. Nach einer Woche Einsamkeit und Faulenzerei, wechsel ich die Insel und treffe gleich am ersten Abend auf Folkert aus den Niederlanden, und Ellen und Anthony aus England. Wir verbringen die nächsten Abende miteinander. Später kommt noch Allan, ebenfalls aus England, hinzu. Es ist schön, es fühlt sich fast an wie Freunde treffen. Doch irgendwann muss auch diese Zeit vorbeigehen. Ich verlasse die Inseln zu meiner letzten Station: Kampot.

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Einen Augenblick noch. Einen Abend spreche ich mit Allan über die Möglichkeit der Teilhabe im Gastgeberland. Wie weit kann man in eine fremde Kultur eintauchen? Ich erzähle ihm, dass ich die meiste Zeit mit Europäer:innen zusammen bin, dies aber nicht als schlimm empfinde, sondern als große Chance zusätzlich auch Europa besser kennenzulernen. Zudem hängt es doch immer von einem selbst ab, wie viel Anstrengung man unternimmt, um die Einheimischen zu treffen. Ein Beispiel: Leider hat Kambodscha ein sehr großes Müllproblem. Tatsächlich ist es das dreckigste Land, das ich auf meiner weiten Reise gesehen habe. Überall liegt Plastik, überall wird in kleinen Feuern eben solches verbrannt. Es gibt eine Organisation Clean up Cambodia, die ich auf Facebook finde und mit den Worten anschreibe: „Ich liebe euer Land und ich wäre glücklich, etwas zurückzugeben.“ Mir wird angeboten, den Direktor von Clean up Cambodia zu treffen. Leider bin ich zu dieser Zeit nicht mehr in Phnom Penh. Doch was bleibt: Die Welt ist offen, man muss sie nur wahrnehmen.

Kampot. Eine wirklich liebenswerte Stadt. Leider zu viele alte, weiße Männer, die zu viel Bier trinken und denken sie seien großartig. Aber in der Umgebung gibt es einiges zu erkunden, zum Beispiel den Kampot-Pfeffer, der zu den besten der Welt gehört. Oder wie die Khmer sagen, der beste der Welt ist.

Interesting!
Zum Einfluss Chinas in Kambodscha: Leider haben die (besser: einige) Chines:innen sehr viel Geld und dadurch sehr viel Einfluss. Kurzum: Sihanoukville // → Im Süden, das Tor zu den Inseln // ist bereits unter chinesischer Hand. Es wird überall gebaut, und zwar ein Mekka für Glücksspiel // → Glücksspiel ist in China verboten //. Das bedeutet in erster Hand Casinos, in zweiter Hotels und Restaurants. Zwar schafft das Arbeitsplätze für Bauarbeiter, aber weiterhin ist nicht viel zu erwarten, da die Chines:innen doch lieber unter sich bleiben. Zudem ist Glücksspiel den Kambodschaner:innen untersagt. Die Zukunft ist absehbar: Alles ist möglich, was sich mit Geld kaufen lässt. Nicht nur in Sihanoukville, sondern auch auch auf Koh Rong Sanloem wurde kürzlich das erste Casino eröffnet und in einem Nationalpark nahe Kampot hat eine chinesische Firma eine alleinige Baulizenz für 99 Jahre erworben. Dass Umweltschutz in dem einen oder anderen Ort auch nur einen Moment baumaßnahmlicher Überlegungen einnimmt, bezweifle ich. Natürlich kenne ich mich in der Ökonomie Kambodschas zu wenig aus, um umfassend urteilen zu können. Doch dies alles lässt mich hochgradig besorgt zurück – ich wünsche mir so sehr, dass Kambodscha kambodschanisch bleibt. Auch in Zukunft.