*ein Augenblick

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Malaysia – ein Reiseparadies?!</a>


Ich sitze in einer Bar. Es ist Wahlsonntag in Sachsen und Brandenburg, Deutschland. Hier, in Malaysia, wurde gestern die 62-jährige Unabhängigkeit von der Britischen Herrschaft // → Linksverkehr // gefeiert. Vier Wochen habe ich in Malaysia verbracht – die Zeit, sie vergeht wie im Flug. Wo geht sie hin, und was wird bleiben? Frage ich mich.

Seit Jahren steht der Lonely Planet Südostasien für wenig Geld in meinem Reisebücherregal. Ohne vor meiner Abreise geschafft zu haben, darin zu blättern, lasse ich mich nun also durch mein erstes südostasiatisches Reiseland treiben. Dabei folgen die Stationen meiner Reise den klassischen Touristenströmen: Kuala Lumpur, Ipoh, Cameron Highlands, Taiping, Penang, Langkawi, Borneo. Ich entdecke die bezaubernde Natur, begegne unglaublich freundlichen Menschen, besuche begeistert die Tempel verschiedener Religionen und versuche in diesen die Zeichen zu deuten. Mein religionswissenschaftliches Herz schlägt schneller, schlägt höher. Und überall riecht es nach Räucherstäbchen.

Kuala Lumpur
In Malaysia ankommend, erleide ich zunächst einen Kulturschock. Von den einsamen Weiten Zentralasiens in das pulsierende Leben Kuala Lumpurs, genannt KL. Menschen, überall Menschen. Es wird Englisch gesprochen. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, das Atmen fällt schwer. Breitspurige Straßen ohne einen Weg für Fußgänger:innen schlängeln sich durch Hochhausschluchten. Überall wird gebaut, überall wird verdrängt. Erkannt: Das ist kein Berliner, Deutsches, Europäisches Phänomen. Es ist der Sieg des Kapitals über die Kultur. Doch ein Leben ohne Kultur wird das Kapital unattraktiv werden lassen. Zudem gedacht – ohne stadtplanerische Kenntnisse meinerseits – diese Bauweise kann doch nicht nachhaltig sein. Betonwüste.

Ipoh
Auf dem Weg nach Ipoh sehe ich einen Palmenwald und bin so naiv zu glauben, dass das, was ich sehe, wunderschön ist. Später stelle ich fest: Das ist keine Natur, das ist Wirtschaft. // → Malaysia ist der zweitgrößte Palmöl-Exporteur der Welt. Um Platz für die riesigen monokulturellen Baumplantagen zu schaffen, wird Regenwald abgeholzt. Teile dieses Regenwaldes sind bis zu 130 Millionen Jahre alt und das Zuhause vieler, teils endemischer, Flora und Fauna. Und die Anbauflächen werden immer größer, so hat Malaysia zwischen 2000 und 2012 die welthöchste Waldverlustrate zu verzeichnen.* // In Ipoh angekommen, streune ich durch die Straßen, einfach so. Weil ich Zeit habe und, weil ich Zeit brauche. Wer denkt, dass Reisen wie In-den-Urlaub-fahren ist, denkt falsch. Es ist anstrengender. Ohne Unterlass müssen Entscheidungen getroffen und die nächsten Schritte geplant – recherchiert, organisiert, erlebt – werden. Als Alleinreisende allein. Ein 'lazy sunday' dann und wann hilft, oder herumstreunen. Wie ich. In Ipoh. Ich schaue mir die Straßenkunst von Ernest Zacharevic an, sitze in Cafés und gehe aus mit Jessica aus Kanada. Wir erleben einen wunderschönen Abend in einer Bar mit Live Musik, der damit endet, dass sie und ich und Yatt aus Malaysia uns tanzend in den Armen liegen. Völkerverständigung an einem kleinen Ort auf dieser Erde. Ich bin dankbar.

Cameron Highlands
Der Tourist:innenanteil nimmt Überhand. Unwillkürlich komme ich mir vor wie in einem Kurort. Ich mag es nicht besonders. Doch ich erfahre eine großartige Neuigkeit aus der jahrtausendealten Teegeschichte: Aus einer Teepflanze kann man sowohl schwarzen als auch z.B. grünen Tee gewinnen. Die vielbeschworenen Unterschiede hängen an der Verarbeitung der Blätter.

Teeterrassen

Taiping
Liegt nicht auf der Route des gemeinen Reisenden und so treffe ich auch keinen. Ich treffe Einheimische, die mir erzählen, wie sie sich für die Umwelt einsetzen: Seit ein paar Monaten sammeln sie Müll. Sie erzählen, dass es zunächst schwierig war, die Mitbürger:innen zu mobilisieren, doch seitdem sie Social-Media-aktiv sind, bekommen sie Zuspruch und helfende Hände. Sie sind glücklich, einen Beitrag zu leisten. Und ich bin es, spontan von ihrer Geschichte erfahren zu haben. Wusstet ihr, das Leben überall gleich ist? Dass die Menschen da draußen genau dasselbe fühlen wie wir: Sie sorgen sich um ihre Familien, um ihre Nachbarschaft, sie wollen ein gutes Leben. Du und ich, wir wollen das auch.

Penang (Insel) / Georgetown (Inselhauptstadt)
Streunerin, die Zweite. Streetart, die Zweite. Unter anderem. Vergleichbar mit Ipoh, nur größer und lebendiger. Auch viele Tourist:innen, aber ohne Vormachtstellung. Es gefällt mir sehr gut.

Langkawi (Insel im Norden Malaysias)
Empfehlenswert, mindestens zu zweit auf die Insel zu fahren: einen Roller ausleihen und die geheimen und unberührten Ecken entdecken. Und, das Licht bei Sonnenuntergang betrachten: Meer und Himmel verschmelzen in ein Silbergrau, schimmernd. Allein dafür lohnt es sich, nach Langkawi zu kommen.

Borneo (Insel) / Kuching (Hauptstadt von Sarawak, Westborneo)
Und dann fliege (!) ich nach Borneo, die drittgrößte Insel der Welt // → Borneo umfasst die zweifache Fläche Deutschlands //. Sie ist unter den Staaten Malaysia, Indonesien und Brunei aufgeteilt. Ich bleibe in Malaysia und auch nur im westlichen Teil des Bundesstaates Sarawak. Hier lerne ich den wunderbaren Orang Utan und den noch bezaubernderen Nasenaffen kennen, verliebe mich auf der Stelle, besonders in Zweiteren und stelle mit Sorge fest, dass beide Arten vom Aussterben bedroht sind. Warum? Weil ihnen ihr Zuhause, der Regenwald, genommen wird. Warum? Weil der Mensch das Palmöl braucht (siehe oben). Reisen sensibilisiert.

Interesting!
Der jetzige Premierminister Mahathir bin Mohamad ist der siebte seit der Unabhängigkeit Malaysias. Er hatte dieses Amt schon einmal von 1981 bis 2003, als 4., bekleidet. Mittlerweile ist er 94 Jahre alt.


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* Butler, Rhett A.: Malaysia hat die weltweit höchste Entwaldungsrate, wie die Waldkarte von Google deutlich macht. Veröffentlicht am: 2. Juni 2014. Aufgerufen am: 4. September 2019 unter: https://de.mongabay.com/2014/06/malaysia-hat-die-weltweit-hochste-entwaldungsrate-wie-die-waldkarte-von-google-deutlich-macht/.